David Van Reybrouck
Suhrkamp, Berlin 2014. 783 Seiten, €14,40
Nein, es ist kein Buch über den Kongo aus der Sicht eines Kongolesen oder einer Kongolesin. Ja, es schreibt mit David Van Reybrouck ein Europäer, genau genommen ein Belgier, über die ehemalige belgische Kolonie. Soweit, so klar. Und trotzdem: „Kongo. Eine Geschichte“ wird zu Recht hochgejubelt. Die deutsche Ausgabe erschien 2014 in der zweiten Auflage. In sieben Sprachen wurde das Werk bereits übersetzt. Van Reybrouck erzählt chronologisch. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts seziert der Autor, der sich selbst als Schriftsteller, Dramatiker, Journalist, Archäologe und Historiker definiert, den Umgang Europas – und eben vor allem Belgiens – mit dem Territorium, das zur Demokratischen Republik Kongo wurde.
Neben Literatur lässt der Autor in Überlieferungen, die an Nachfahren weitergegeben wurden, ZeitzeugInnen zu Wort kommen.
Er fokussiert immer wieder auf die Lebenswege von einzelnen Menschen – was das Lesen interessanter macht. Denn auf der einen Seite machen personalisierte Schilderungen neugierig, auf der anderen bekommen die Leserin und der Leser dadurch ein – gewisses – Gefühl für die einstigen Lebenssituationen.
Dadurch kommt man dieser riesigen Region, die heute vor so vielen Herausforderungen steht, näher. Von der Sklaverei sowie der Rolle der Ressourcen einst und heute oder der Bedeutung des Flusses Kongo – Van Rey-brouck erklärt, wieso Europa sich für die Region(en) interessiert hat. Und in der Folge die Basis für einen Staat schuf, der es nie leicht hatte.
Die komplexe Zeitgeschichte zwischen Kriegen, Konflikten, Milizen, Machtwechseln und äußerer Einflussnahme wird verständlicher. Das Buch ist gespickt mit Informationen, inklusive anschaulicher Karten.
Ein fahler Nachgeschmack bleibt allein bei der zeitlichen Eingrenzung: Auch wenn Van Reybrouck selbst darauf hinweist, dass es nicht so ist – manche Leserinnen oder Leser könnten das Gefühl bekommen, vor dem Jahr 1870 ist in den Breitengraden nichts Nennenswertes geschehen. Vielleicht will sich Van Reybrouck ja an die nächste Mammutaufgabe machen und in einem Folgewerk weiter in der Zeit zurückgehen?
Richard Solder
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